Aus: Schiedt: Strassengeschichte Kanton Luzern, 2010, S. 55 © vif Luzern
Ende der 1950er-Jahre wurde das Automobil für die breite Masse erschwinglich, was den Tourismus nachhaltig beeinflusste. Kürzere Aufenthalte und häufige Ortswechsel lösten die langen Aufenthalte der früheren Sommerfrische ab. Autobahnen verkürzten die Distanzen und rückten neue Reiseziele am Mittelmeer näher.
Am Vierwaldstättersee begann 1955 mit der Autostrasse zwischen Luzern und Ennethorw der Schweizer Nationalstrassenbau. Sie wurde zunächst mit dem Ausflugsverkehr rechtfertigt, der an schönen Sonntagen die Strassen um den Vierwaldstättersee überlastete. Ihre Weiterführung als Nationalstrasse Richtung Süden und der 1980 eröffnete Seelisbergtunnel dienten jedoch bereits nicht mehr nur touristischen Interessen, sondern vor allem auch dem Transitgüterverkehr über den Gotthard. Augenfällig wird diese Entwicklung in Beckenried, wo die Autobahn den ehemals beschaulichen Kurortzum Schauplatz des durchbrausenden Transitverkehrs macht.
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Die Schweizer Landwirtschaft ist nicht erst mit dem Autobahnbau in ein internationales Handels- und Transitsystem integriert worden. Vorher haben bereits Dampfschiff und Eisenbahn die internationale Arbeitsteilung im Agrarbereich gefördert. Die Berglandwirtschaft konnte davon allerdings nicht profitieren.
Die Einfuhr von billigem Getreide aus Übersee mit Eisenbahn und Schiff führte im 19. Jahrhundert zu einem Umstieg der Bauern im Schweizer Mittelland von der Brotgetreideproduktion zu Milchwirtschaft und Viehzucht. Damit konkurrenzierten sie jedoch die seit Jahrhunderten auf Milchwirtschaft spezialisierte Berglandwirtschaft, wo nun Viehbestände und Bevölkerungszahl stagnierten. Globale Hintergründe stehen auch hinter dem jüngsten Paradigmenwechsel in der Schweizer Landwirtschaftspolitik, der seit den 1990er-Jahren die Pflege der Kulturlandschaft und Biodiversität vor die Ernährungssicherung stellt.