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POI 09: Orenfad

Tourismusgeschichte

P. Raoul-Rochette, Lettres sur la Suisse III, 1826

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Hirtenidyll Zentralschweiz

Ein Ausflug zur Rigi mit einer Bergübernachtung und einem von Alphornklängen und Kuhglocken begleiteten Sonnenaufgang mit Blick auf eine idyllische Berg- und Seenlandschaft gehörte nach 1800 zum Kanon jeder Schweizerreise. Was die Reisenden auf der Rigi erlebten, prägte das Bild der Schweiz im Ausland.

1761 erschien Jean-Jacques Rousseaus Roman «La nouvelle Héloïse», der die Schweiz als idyllische und freie Bergwelt idealisierte und sich zu einem europaweiten Bestseller entwickelte. Angeregt von Rousseaus romantisierender Verbindung von Gefühls- und Bergwelt pilgerten die Bildungsbürger Europas zu Tausenden in die Schweiz auf der Suche nach Idylle, Ruhe und Reinheit der Natur. Mit dieser Alpen- und Schweizbegeisterung ging eine Idealisierung der einheimischen Bevölkerung als tugendhaftes und bescheidenes Hirtenvolk einher, was oft zu falschen Erwartungen an die Schweizer Gastlichkeit führte.

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Agrargeschichte

© Emil Goetz, Staatsarchiv Schwyz

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Alpsegen und Betruf

Auf einigen Alpen hoch über dem Vierwaldstättersee wird noch heute von Hirten und Sennen täglich bei Einbruch der Dämmerung der Betruf gesungen, um Vieh und Alp vor Unheil zu bewahren. Das einst auch als «Ave-Mariarüeffen» bezeichnete Ritual ist in der Zentralschweiz seit dem 16. Jahrhundert belegt.

Auf einem erhöhten Platz, oft in der Nähe eines Holzkreuzes, bittet der Älpler nach einem arbeitsreichen Tag um den Schutz der Alp und des Viehs vor Unheil und den Gefahren der Nacht. In einem gedehnten Sprechgesang in mundartlich gefärbtem Hochdeutsch, oft mit einem hölzernen Milchtrichter akustisch verstärkt, werden neben Gott, Jesus und Maria auch die Schutzheiligen des Viehs um Beistand angerufen. Der Betruf ist nicht zu verwechseln mit der Alpsegnung, die zu Beginn der Alpsömmerung durch den katholischen Priester erfolgt und ebenfalls zu den heute noch gelebten Innerschweizer Traditionen gehört.

  • Vertiefungstext Agrargeschichte (177 KB)